Was habe ich aus luftrechtlicher Sicht zu beachten, wenn ich von A nach B fliegen möchte? Welche Quellen, möglichst aus erster Hand, stehen mir hierfür zur Verfügung? Wie kann ich meine Planung aus ganz pragmatischer Sicht durchführen? Antworten darauf liefert Oliver Thomä in einem Seminar, ohne allzu viel „Ballast“.
Einführung
Das Thema ist Luftrecht ohne Ballast, wobei das „ohne“ übertrieben ist, da es ganz ohne Theorie beim Thema Luftrecht nicht geht. Man muss die Sache aber nicht komplizierter machen, wie unbedingt notwendig. Zum Beispiel wird oft über Sichtflugbedingungen geredet, die aber so im Detail nicht für uns relevant sind. Im Seminar wird versucht, den Aufwand zu minimieren und ist gedacht für Piloten, die vielleicht 50 bis 100 km fliegen wollen.
Ziele
Folgende Punkte wurden als Ziele für das Seminar definiert:
- Das Seminar bietet Hilfe zur Selbsthilfe
- Praktische Umsetzung Luftrecht
- Praktische Flugplanung ohne (zu viel) Ballast
- Das Seminar ist XC-Anfänger und Fortgeschrittene gedacht
- Die Lufträume über Deutschland, Österreich & Italien werden im Seminar näher betrachtet
Nicht Ziele
Folgende Punkte sind nicht die Ziele dieses Vortrags:
- Vollständiges Seminar Luftrecht
- Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsvorschriften, Nachrichten für Luftfahrer, sonstige Dokumente
- XC-Profi, der die letzten XC-km herausquetschen möchte
- Alle „verbotene“ Lufträume, eine genaue Definition dieser Lufträume erfolgt später
- Fliegen mit Flugfunk. Die wenigsten Piloten fliegen mit Flugfunk und sind meistens auch für den Normalpiloten nicht notwendig.
Disclaimer
- Das luftrechtliche Briefing ist durch den Piloten eigenverantwortlich durchzuführen
- Die nachfolgenden Aussagen sind nicht rechtlich verbindlich
- Verantwortung für die Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen hat der Pilot
- Für die Einhaltung der Lufträume und der Sichtflugbedingungen ist der Pilot verantwortlich
Quellen, Kontakte
Bei den Gleitschirmfliegern ist es leider oft üblich, Informationen aus sekundären Quellen zu holen, aber heutzutage gibt es viele Quellen aus erster Hand, die im Internet frei verfügbar sind. In erster Linie sind das die Homepages der Flugsicherungen zu nennen:
- Deutsche Flugsicherung
- Austro Control Homebriefing
- Società Nazionale per l’Assistenza al Volo (ENAV)
Auf die Homepage der Austro Control und ENAV wird später noch im Detail eingegangen. Weitere Informations-Quellen, die zu nennen sind (alle folgenden Quellen sind nicht rechtlich verbindlich):
- Deutscher Hängegleiter Verband
- Hans Lang, Facebook-Gruppe Flugrecht für Gleitschirmflieger, falls ihr Facebook-Mitglied seid, könnt ihr dort Fragen zum Luftrecht stellen
- Die Homepages der Vereine geben oft auch Informationen zum Thema Luftrecht
- Es schadet nicht, wenn man auf Start steht, einen Local Hero zu fragen, falls man eventuell die Luftraumstruktur nicht verstanden hat.
- Ad Nubes, Schlagwort Luftrecht, mein Blog mit einigen Artikeln zum Thema Luftrecht
- Fliegen in Italien, ist zwar eigentlich für Motorflieger gedacht, gibt aber trotzdem einen guten Überblick über die Luftraumstruktur in Italien.
Luftfahrthandbücher
Das Luftfahrthandbuch (AIP) wird als Quelle oft nicht genutzt, aber es bietet viele wichtige rechtsverbindliche Informationen. In meinem Blog ist eine Bewertung für uns Gleitschirmpiloten zu finden, hervorzuheben ist die Austro Control, die eine sehr umfassende AIP anbietet.
Folgende Teile der AIP sind für uns Gleitschirmflieger am Beispiel Austro Control besonders relevant:
- GEN 2.2, die in der Luftfahrt üblichen benutzten Abkürzungen. Da in der AIP intensiv von Abkürzungen Gebrauch gemacht wird, teilweise dadurch sogar unleserlich wird, kommt man nicht daran vorbei, zumindest sich die wichtigsten Abkürzungen einzuprägen
- GEN 2.3, die in den ICAO-Karten genutzten Kartenzeichen. Zum Lesen der ICAO-Karten ist es unerlässlich, sich mit den darin verwendeten Symbolen vertraut zu machen
- GEN 3.1, Informationen zu AIP Berichtigungen (Amendments, Abk. AMDT), AIP Ergänzungen (Supplements Abk. SUP), NOTAM (Notice to Airmen) und Luftfahrtinformationsrundschreiben. Hervorzuheben sind die NOTAMs, die vor jedem Flug geprüft werden sollte
- GEN 3.2, Informationen zur Luftfahrtkarte, die auf der Webseite der Austro Control kostenlos heruntergeladen werden können
- ENR 1.2, Mindestflughöhen, Flüge mit Hänge- und Paragleitern, besondere Ausweichregeln. Sollte man sich immer mal wieder durchlesen und das Gedächtnis auffrischen
- ENR 1.4, Erläuterungen zu den Luftraumklassen, Sichtflugminima, verfügbare Dienste. Luftraumklassen ist auch so ein Ding, das ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen muss. Da Luftrecht während der Ausbildung zu kurz kommt, ist das hier eine gute Quelle, um sein Wissen zu erweitern
- ENR 5.5, Temporäre zivile Luftraumreservierung (Abk. TRA). Temporär werden für uns Lufträume der Klasse C oder D freigegeben. Die Freigaben können zum Beispiel über die ATIS abgehört werden.
Die AIP kann nach der Anmeldung bei der Austro Control Homebriefing im Menü unter AIP abgerufen werden.
Lufträume
Die folgende Abbildung ist bei der Austro Control herunterladbar und bietet einen guten Überblick über die Luftraumstruktur:

Wie zu Anfang gesagt, um uns das Leben so einfach wie möglich zu machen, sind bestimmte Lufträume zu meiden:
- Grundsätzlich alle Lufträume, deren Status nicht bekannt oder Lufträume, die uns unbekannt sind
- In die Lufträume C & D dürfen wir grundsätzlich nicht einfliegen
- In einigen Lufträumen mit der Kennung Restricted (..-R) dürfte man gegebenenfalls einfliegen, aber man muss sich dann im Luftfahrthandbuch oder über NOTAMs informieren, unter welchen Bedingungen und ob dieser aktiv ist
- In den Luftraum Danger (..-D) darf eingeflogen werden, ist aber nicht empfehlenswert
- In den Luftraum Prohebited (..-P) darf grundsätzlich nicht eingeflogen werden
- Lufträume mit der Kennung ..-HX sind zeitlich begrenzt aktiv. Die Zeiten sind in der AIP vermerkt
- Lufträume mit den folgenden Kennungen sind grundsätzlich tabu: TMA, (M)CTR, TMZ, RMZ, (M)ATZ …
- Newbies sollten nicht in Temporary Reserved Airspace (TRA) einfliegen
Unsere Spielplätze, in denen wir uns frei bewegen dürfen, sind:
- In Deutschland & Österreich: Lufträume G und E
- In Italien: Luftraum G, es gibt noch den Luftraum A um Mailand, in dem wir fliegen dürfen, aber dieser ist für uns nicht relevant
- Der Luftraum E geht im deutschen Flachland bis Flugfläche FL100 und in den Alpen bis FL130, insbesondere rund um Flughäfen wird Luftraum E abgesenkt
- In den österreichischen Alpen bis FL125
- In Italien geht Luftraum G je nach Region bis FL85 bis FL145.
Tipps:
- Großen vertikalen Sicherheitsabstand zu verbotenen Lufträumen einhalten, da große Verkehrsflugzeuge bis an die untere Luftraumgrenze herangeführt werden und heftige Wirbelschleppen erzeugen. Empfohlen wird, mindestens 500 ft Abstand zu halten. Bei starken Thermiken kann es weiterhin passieren, dass man in einen verbotenen Luftraum hineingezogen wird
- Wie Georg in seinem Beitrag dargestellt hat, ist es empfehlenswert, bei Hochdrucklage nach GPS-Höhe zu fliegen, da die unteren Flugflächen-Luftraumgrenzen nach oben wandern. Normalerweise sollte sichergestellt sein, dass diese Grenzen eingehalten werden. Bei Grenzen mit Angaben in Fuß gilt diese Aussage nicht
- Fluggebiete mit einfacher Luftraumstruktur sind zu bevorzugen, als Beispiele sind Südtirol, Pinzgau, Kössen zu nennen, da man sich in diesen Gebieten vergleichsweise nicht so intensiv mit Lufträumen auseinandersetzen muss.
Höhenmessung
Die Höhenangaben der Lufträume sind in Fuß festgelegt, daher ist es empfehlenswert, die Höhenmessung ebenfalls in Fuß vorzunehmen und optional in Meter, da wir das so gewohnt sind.
In der Luftfahrt ist die Höhenmessung nach wie vor abhängig vom Luftdruck.
Tipps:
- Wenn GPS-Höhenanzeige verfügbar, dann danach fliegen
- Sicherer Abstand zur Flugfläche xyz bei Fliegen mit GPS-Höhe, da meistens bei Hochdruck geflogen wird
- Höhenangaben in Flugflächen verlagern sich im Hochdruck nach oben
- Wegen Sichtflugbedingungen und Wirbelschleppen zusätzlicher Abstand von 1000 ft empfehlenswert
Sichtflugbedingungen
Das Problem ist, dass die Sichtflugbedingungen nicht praktikabel sind, da:
- der vertikale Wolkenabstand visuell nicht abschätzbar ist
- die Sicht in Flugrichtung kaum abschätzbar ist
- Erschwerend kommt noch hinzu, dass es unterschiedliche Regelungen in
- Verschiedene Lufträume
- Verschiedene Höhen innerhalb der Lufträume
- In den verschiedenen Ländern gibt
Tipps:
- Immer nach bestem Wissen und Gewissen, mit Abstand zu den Wolken fliegen
- Insbesondere in größeren Höhen und in der Nähe von Flugplätzen und Flughäfen mit besonderer Vorsicht fliegen, da dort mit erhöhten Flugaufkommen zu rechnen ist
- Wenn möglich, an Tagen mit hoher Basis fliegen, empfehlenswert im Flachland mindestens 2000 m MSL, und im Gebirge mindestens 3000 m MSL
Ein schönes Beispiel, wie schnell man in die Wolke hineingezogen werden kann, zeigt folgendes Video:
Flug vom Wank zum Bischling
Als Aufgabe für die luftrechtliche Planung wurde der Flug vom Wank zum Bischling über das Karwendel Gebirge, das Rofan Gebirge, die Hohe Salve gestellt, siehe auch die grüne Linie in der ICAO-Karte der Austro Control.

Die ICAO-Karte kann kostenlos bei der Austro Control heruntergeladen werden unter: www.homebriefing.com Links -> Österreichische AIM Produkte -> Luftfahrtkarte – ICAO 1 : 500 000. Grundsätzlich sollte man, wenn man eine Planung für einen Flug macht, zuerst die offiziellen rechtsverbindlichen Quellen genutzt werden und anschließend, um sich abzusichern, Quellen aus 2. oder 3. Hand zu nutzen.
Nach der Analyse der Lufträume ist Folgendes zu beachten:
- Start auf dem Wank, hier ist der Luftraum E, der bis FL130 geht, zu beachten
- Ab Österreich geht der Luftraum E bis FL125, zusätzlich gibt es eine TMZ (Transponder Mandatory Zone) ab 11000 ft in die wir nicht einfliegen dürfen. Hier ist also die TMZ für die maximal zulässige Höhe ausschlaggebend
- Über dem Rofan Gebirge geht der Luftraum E bis 9500 ft
- Über der Hohe Salve wieder der Luftraum E bis FL125 und die TMZ ab 11000 ft
- Über Kitzbühel Luftraum E bis FL125
- Meine Empfehlung ist LO R 8, LO D 22 zu umfliegen, dann braucht man sich über die Details nicht zu kümmern
- In der Gegend um Werfen gibt es eine Absenkung der Lufträume E bis 10000 ft, bis 9000 ft oder bis 7000 ft, die aus den An- und Abflugrouten des Flughafens Salzburg resultieren. Hier noch einmal der dringende Hinweis, dass der Wolkenabstand einzuhalten ist.
Interaktive Online-Karte VFR
Wie weiter oben schon erwähnt, ist es empfehlenswert, die Erkenntnisse aus ICAO-Karte, anhand einer 2. Quelle zu bestätigen. Die 2. Quelle kann die interaktive Online-Karte VFR, die die Austro Control kostenlos zur Verfügung gestellt, sein.

Die Online-Karte habe ich hier im Detail beschrieben.
Für andere Länder sind als Alternativen in Burnair der Luftraum-Finger (kostenpflichtig) oder XContest Airspace verfügbar.
NOTAMs
Zu einer gewissenhaften Planung gehört auch, die NOTAMs (Notice to Airmen) abzurufen, in der die aktuelle Beschränkungen aufgelistet sind.

Wie die NOTAMs bei der Austro Control abzurufen sind, habe ich in diesem Beitrag beschrieben.
In diesem Heft der deutschen Flugsicherung sind Hinweise zu den NOTAMs, wie z. B. die genutzten Abkürzungen, beschrieben.


Problem: Bedingt durch äußere Bedingungen (andere Windstärke, -richtung, schwächere Thermik im Vergleich zur Prognose) am Startplatz oder in der Luft können sich kurzfristig Änderungen bezüglich der Flugroute ergeben.
Lösung: In XC Track werden die NOTAMs angezeigt. Die Quelle hierfür ist XContest Airspace. Vor dem Flug sollte geprüft werden, ob die Lufträume und NOTAMs aktualisiert wurden.
Flug am Mounte Grappa
Als zweite Aufgabe wurde ein flacher Dreieck-Flug am Mounte Grappa gestellt. Start am ist am Bepi, Richtung Osten bis kurz vor dem Fluss Piave, Richtung Westen bis kurz vor dem Fluss Astico und wieder zurück Richtung Bassano. Damit es ein flaches Dreieck wird, ist ein kurzer Abstecher ins Flachland notwendig (siehe grüne Linie in der ICAO-Karte).

Den Flug und wo man die notwendigen Informationen bekommt, habe ich in dem Beitrag Die Lufträume in Bassano del Grappa und Umgebung beschrieben.
XContest Airspace
Als 2. Quelle, um die obigen Erkenntnisse abzusichern, bietet sich die Webseite XContest Airspace an.

In der Online-Karte ist unten links das gewünschte Land zu aktivieren, in unserem Fall Italien, oben links das Häkchen Airspace zu setzen. Mit Klick auf einen bestimmten Punkt werden unten rechts Details zu den Lufträumen angezeigt. Unter Settings lassen sich die Höhenangaben in Meter umstellen.
Lufträume Innsbruck
Um das Karwendel Dreieck vom Brauneck fliegen zu können, muss die TRA LOWI C an der Nordkette aktiv sein. Die TRA kann man sich in der interaktiven Online-Karte anzeigen lassen:

Weitere Infos zu den TRAs und den Lufträumen und wie man sich zu verhalten hat, ist auf der Seite der Innsbrucker Gleitschirmvereins abrufbar. Die offizielle Info von der Austro Control ist hier abrufbar.
Die ATIS (Automatic Terminal Information Service) des Flughafens Innsbruck mit der Info, ob die TRA LOWI C aktiv ist, kann unter folgender Telefonnummer abgerufen werden: +43 5 1703 6631
So hört sich ATIS-Ansage an (Achtung, das ist nur ein Beispiel, natürlich ist die ATIS tagesaktuell abzurufen):
Die ATIS gibt es auch in Schriftform auf der Homebriefing Seite der Austro Control (Achtung, auch das ist nur ein Beispiel):
