Wer von uns ist nicht schon beim Versuch, die ICAO-Karte zu lesen und zu verstehen, verzweifelt? Insbesondere bei komplexen Luftraumstrukturen, wie sie bei uns rund um Flughäfen anzutreffen sind, kann es sehr nervenaufreibend sein, die ICAO-Karte lesen und verstehen zu wollen. Letztendlich ist es auch eine Frage der Sicherheit; sehr schnell kann es passieren, dass man einen Luftraum übersieht. Weiterhin ist es nicht immer einfach, sich die Lufträume im dreidimensionalen Raum vorzustellen.
Aber es nützt alles nichts: Wer ein gewissenhaftes Briefing für sein Flugvorhaben durchführen möchte, muss sich mit den Lufträumen auf der geplanten Strecke auseinandersetzen. Hilfe bietet Austro Control, zumindest auf dem Staatsgebiet von Österreich, in Form einer interaktiven Onlinekarte.
Der Einstieg
Nach dem Anmelden auf der Homebriefing-Seite von Austro Control unter www.homebriefing.com und einem Klick auf Onlinekarte VFR Austria gelangt man auf die Seite Spatial Data Infrastructure. Der Disclaimer ist zu beachten; dort heißt es z.B., dass die Onlinekarte allein nicht für das Briefing verwendet werden darf. Warum es dennoch sinnvoll ist, diese zu nutzen, erkläre ich noch im Detail weiter unten.
Eine kompakt gehaltene Online-Hilfe (MapStore Quick Guide) und weitere Informationen können von dieser Seite aus aufgerufen werden.
Mit einem Klick auf Continue to the application und Online Chart VFR Austria gelangt man zur eigentlichen interaktiven Onlinekarte VFR Austria.
Ab dem folgenden Abschnitt werden nur die wichtigsten Funktionen, die um die Karte angeordnet sind, erläutert. Die Funktionen, die selbsterklärend oder meiner Meinung nach weniger wichtig sind, habe ich hier nicht erwähnt.
Hintergrundkarten
Unten links können folgende Hintergrundkarten ausgewählt werden:
Basemap sind die sogenannten Verwaltungsgrundkarten von Österreich. Die Darstellung erfolgt in Grau mit Höhenlinien; dies ist natürlich vorteilhaft, um einen Flugplan zu erstellen und einen Eindruck von der Topologie der geplanten Strecke zu bekommen. Die Karte und auch alle anderen folgenden Karten, außer der OpenStreetMap, sind nur auf Österreich beschränkt.
OpenStreetMap ist der bekannte Kartendienst. Hier werden die Höhen der Berge und deren Namen angezeigt. Da die Karte auch über die Grenzen von Österreich hinausgeht, ist sie für Planungen von grenzüberschreitenden Flügen sinnvoll. Allerdings werden die Lufträume nur innerhalb der Grenzen von Österreich angezeigt.
Es sind noch weitere Karten verfügbar, die aber für uns Gleitschirmpiloten weniger interessant sind.
Werkzeugleisten
Auf der rechten Seite befindet sich eine weiß und blau hinterlegte Werkzeugleiste.
Erstellung eines PDFs des gewünschten Kartenausschnitts inklusive Legende. Diese Funktion könnte hilfreich sein, wenn man einen Kartenausschnitt offline zur Verfügung haben möchte.
Infos zu diesem Inhalt
Hier noch einmal der explizite Hinweis, dass die Karte nicht für operational use benutzt werden darf. Ich interpretiere das als Hinweis, dass die konkrete Flugplanung nach wie vor rechtssicher nur mit der offiziellen ICAO-Karte durchgeführt werden darf.
Distanz, Fläche und Richtung messen
Entfernungen und Richtungen können durch Punktsetzungen in der Karte oder Koordinateneingabe gemessen werden (Auswahl von Maßeinheiten möglich) und tabellarisch angezeigt werden. Das Setzen der Wegpunkte wird durch einen Doppelklick abgeschlossen.
Entfernungen messen werde ich weiterhin mit ThermiXC durchführen, da auch die restlichen Funktionen von ThermiXC passgenau auf uns Gleitschirmflieger zugeschnitten sind.
Teilen
Es stehen die URL und der QR-Code sowie die sozialen Medien Facebook, X (vormals Twitter) und LinkedIn zum Teilen des gesetzten Markers zur Verfügung. Für IT-Experten kann der eingebettete Code sowie die API kopiert werden.
Meine Position
Orten der eigenen Position. Falls du am PC sitzt, wird die Position über die IP-Adresse deines Internet-Anschlusses ermittelt.
Objekt auf der Karte abfragen
Wohl das mächtigste Tool, das die interaktive Onlinekarte zu bieten hat und daher auch diesen Namen verdient. Um Details zur Luftraumstruktur für einen bestimmten Punkt in der Karte zu erfahren, kann nach Auswahl des Fahnensymbols auf einen beliebigen Punkt in der Karte geklickt werden. Auf der rechten Seite öffnet sich ein Dialog mit Detailinformationen zur Luftraumstruktur. Achtung: Die gewünschten Lufträume (siehe Layer weiter unten) müssen sichtbar sein, damit sie im Dialog angezeigt werden.
Oben in der Dropdown-Liste können verschiedene Bereiche der Lufträume ausgewählt werden, die für den ausgewählten Punkt verfügbar sind. In diesem Fall nördlich des Innsbrucker Flughafens sind das: CTR – Control Zone, TMA – Terminal Control Area, TRA – Temporary Reserved Airspace und FIR – Flight Information Region. Darunter werden die Koordinaten des angewählten Punkts angezeigt sowie ein Link zur AIP Austria angeboten.
Es folgen Detailinformationen und eine grafische Darstellung zum oben ausgewählten Bereich der Lufträume. Wer sich unsicher beim Lesen der ICAO-Karte ist, dem wird hier geholfen. Aber ich glaube auch, dass Piloten, die die ICAO-Karte zur Hand nehmen, sich leichter mit dieser Darstellung tun, da man gerade bei einer komplizierten Luftraumstruktur schnell mal etwas übersehen kann. Hilfreich ist es, das Symbol Objekt in der Karte hervorheben zu aktivieren (Symbol oben rechts im Dialog), damit in der Karte gleichzeitig die in der Dropdown-Liste ausgewählten Bereiche hervorgehoben werden. Angezeigt werden u.a. Kennung der Lufträume, Betriebsstunden, Beschreibung der Lufträume und grafisch die Ober- und Untergrenze der jeweiligen Lufträume.
Layer
In diesem Menü können u.a. Layer visualisiert, Gruppen gelöscht und angelegt werden.
Gruppensichtbarkeit umschalten
Durch Klicken auf das Augensymbol können alle Layer zusammen, die der Gruppe untergeordnet sind, in der Karte ein- und ausgeblendet werden. Zu beachten ist, dass, falls der untergeordnete Layer einzeln ein- oder ausgeschaltet wird, dies in der übergeordneten Gruppe nicht angezeigt wird bzw. man sieht erst bei geöffneter Gruppe, dass bestimmte Layer ein- oder ausgeschaltet sind.
Durch die Auswahl Online Chart VFR Austria beim Einstieg wurde bereits eine Vorauswahl der Layer getroffen. Ich halte es jedoch für sinnvoll, alle Lufträume in der Gruppe Airspaces einzuschalten. Um einen Vergleich mit der Darstellung der ICAO-Karte zu haben, kann es sinnvoll sein, vorübergehend die Gruppe Aeronautical Chart“ hinzuzuschalten. Empfehlenswert ist es, je nach Flugvorhaben und Interessen, sich auch die anderen Ebenen anzuschauen. So könnte es Sinn machen, die Anflugverfahren nach VFR für unkontrollierte Flugplätze einzuschalten. Dies hat insofern Bedeutung, als dass man mit erhöhtem Flugplatzverkehr rechnen muss und daher diese Bereiche möglichst weit umfliegen sollte.
Fazit
Austro Control bietet mit dieser Onlinekarte uns ein umfangreiches und mächtiges Tool mit vielen Möglichkeiten. Daher werde ich die Onlinekarte sicherlich öfter nutzen, zumal die ICAO-Karte bei einer komplizierten Luftraumstruktur echt schwer zu lesen ist. Des Weiteren kann man die Karte durchaus nutzen, um das Lesen der ICAO-Karte zu lernen, indem man die Onlinekarte mit der ICAO-Karte vergleicht. Eine Übung könnte so aussehen, dass man zuerst die Luftraumstruktur der ICAO-Karte zu verstehen versucht und anschließend das Ergebnis mit der Onlinekarte quercheckt. Somit hat man einen Benefit für andere Länder, die keine Onlinekarte zur Verfügung stellen.
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