Ich bin eigentlich ein ausgesprochener Sicherheitstraining-Muffel, aber da mein letztes Sicherheitstraining schon über 5 Jahre her ist, ich noch genügend Resturlaub übrig hatte, auch das OK von meiner Frau bekam und die Flugschule Achensee Anfang Oktober noch freie Plätze zu bieten hatte, habe ich mich ebendort angemeldet.
Vorbereitung
Die Flugschule Achensee bietet kostenlos ein Workbook auf deren Webseite zum Download an. Es ist sehr empfehlenswert, sich die Tipps und Ratschläge, sowie die Übungen, die man im Sicherheitstraining durchführen will, sehr genau durchzulesen. Vorsicht ist geboten, falls du dir eine andere Flugschule für dein Sicherheitstraining ausgesuchst hast, da Details in den Übungen variieren können.
Weiterhin habe ich in Kössen einen Trainingstag vorab eingelegt, an dem ich verschiedene einfache Übungen (Rollen, Nicken, schnelle Acht, Ohren anlegen und moderate Steilspirale), die ich einigermaßen gut beherrsche, selbstständig durchgeführt habe. Kössen bietet sich für einen Trainingstag an, da der Startplatz nahe an der Bergstation, der Landeplatz nahe an der Talstation ist und man eine Tageskarte mit beliebig vielen Auffahrten kaufen kann.
Ausrüstung
Da ich vorhatte wahrscheinlich wieder auf EN-B umzusteigen und ich die erste Version des Advance IOTA vor einigen Jahren geflogen bin, habe ich mir den aktuellen IOTA DLS als Tester geholt. Ich wollte, bis vor ich mich endgültig für den Kauf entscheide, den Flügel ausgiebig testen und wo geht das besser als auf einem Sicherheitstraining?
Alles, was ich absolut nicht zum Fliegen benötige, habe ich vom Gurtzeug abmontiert, das wären z.B. mein Funkgerät, Powerbank, Windschutz etc. Funkgerät und Schwimmweste bekommt man gestellt.
Zur späteren Videoanalyse habe ich meine 360° Actioncam mithilfe einer Magnethalterung auf mein Cockpit installiert, wie auf dem Foto zu sehen ist.
Mit dabei waren noch mein Smartphone in einer wasserdichten Hülle und das Vario. Das Vario hätte man vielleicht nicht gebraucht, aber ich wollte die Flugspur aufzeichnen.
Hilfreich ist es, wenn man möglichst viele Flüge machen möchte, einen Schnellpacksack zu benutzen. Dann sind durchaus 3 Flüge pro Tag drin, allerdings ist es notwendig ein Schwein zu sein und sich am Startplatz möglichst vorne auszupacken und sich als einer der ersten zum Start aufzustellen. Da man ein Stöpsel vom Funkgerät sich ins Ohr steckt, ist es sinnvoll den Stöpsel mit einem Schlauchschal zu sichern, damit dieser nicht herausfällt.
Location
Das Sicherheitstraining fand am Idrosee statt, welches westlich vom bekannten Gardasee liegt. Der Idrosee ist zwar mit Campingplätzen und Hotels touristisch erschlossen, aber bei weitem nicht so überlaufen wie im Vergleich zum Gardasee. Landschaftlich ist der Idrosee umgeben vom Karstgebirge und wird, ähnlich wie am Gardasee, oft nachmittags von einem Südwind überströmt, da der Idrosee ebenfalls Süd-nördlich ausgerichtet ist. Der kann mitunter so stark werden, dass es nicht mehr fliegbar ist. In der Ortschaft Ponte Caffaro gibt es verschiedene Supermärkten, so ist auch der Selbstversorger bestens bedient. Es bietet sich an im Camping Miralago niederzulassen, da hier auch morgens der Startpunkt für die Fahrt zum Monte Alpo Bondone ist. Einige Teilnehmer waren aber auch in Hotels in der Umgebung untergebracht.
Weiterhin gibt es dort das Restaurant Miralago mit einer Auswahl an Pizzen, die absolut empfehlenswert sind. Der Geheimtipp ist die Pizza Stefano, die nach unserem Sicherheitstrainer Stefan benannt wurde.
Die Auffahrt mit den von der Flugschule zur Verfügung gestellten Shuttle zum Monte Alpe Bondone dauert ungefähr 30 min, nach weiteren 5 min laufen ist man am Startplatz.
Vom Campingplatz läuft man zu Fuß ca. 15 min in westliche Richtung bis zum Idroland. Dort fand nachmittags die Videoanalyse statt.
Kennenlernen
Am ersten Tag um 14:00 Uhr traf man sich am Strand zum ersten Kennenlernen unmittelbar am Campingplatz Miralago. Die Teilnehmer waren in 2 Teams geteilt, mit je ca. 20 Teilnehmer. Ich hatte mich bei Stefan angemeldet.
Es gab eine Begrüßung durch Lucas, der uns ein paar grundsätzliche Dinge zum Ablauf, Organisation und Location erklärte. Anschließend durfte sich jeder von uns kurz vorstellen. Später teilten sich die Teams auf, wir sind mit unserem Trainer Stefan zum Idroland gelaufen, wo es weitere Details zu den oben genannten Punkten erklärt wurden.
Ziele
Im Idroland wurden wir nach unseren Zielen, die wir uns für das Sicherheitstraining gesetzt haben, befragt. Wir sollten uns selbst auf einer Skala von 1 bis 10 eine Note geben, wie wir uns selbst einschätzen.
Ich selbst hatte mir die Übungen Steilspirale, gehaltene Seitenklapper beschleunigt, Frontklapper beschleunigt, Wingover, Strömungsabriss einseitig und beidseitig und spontan den Hermann ausgesucht.
Die Ziele der anderen Teilnehmer waren sehr unterschiedlich, von einfach nur Vertrauen gewinnen bis SAT war alles dabei. Weiterhin wurden wir nach unseren medizinischen Kenntnissen gefragt. Zu unserem Glück waren eine Ärztin und eine Krankenschwester im Teilnehmerkreis.
Tagesablauf
Der Tag lief grundsätzlich oft wie folgt ab. Die Uhrzeiten wurden den Gegebenheiten täglich angepasst:
- Treffen im um 7:00 im Café Miralago mit Besprechung des Vortags und Trockenübungen
- Um 7:30 Treffen am Shuttle und anschließender Auffahrt zum Startplatz
- Sobald der Wind gepasst hat, meistens so um 10:00 Uhr, sind die ersten Starts erfolgt, die letzten Starts ungefähr um 13:00 Uhr
- Mittagspause von 13:00 bis 14:30 Uhr
- Um ca. 14:30 Uhr treffen im Idroland, um eine ausführliche Videoanalyse durchzuführen
- Falls das Wetter es hergegeben hat, gab es abends noch die Möglichkeit einen Flug in der Abendstimmung zu genießen oder den Südwind für Groundhandling zu nutzen
- Abends haben wir uns zum lockeren Plausch und genialen Pizza im Restaurant Miralago getroffen
Trockenübung
Morgens fand im Café Miralago Trockenübungen, wie im Foto zu sehen ist, statt. Ich vermute mal, dass wir dort im Foto den einseitigen Klapper geübt haben.
Es wurden aber noch weitere Fragen zu Übungen und zum Tagesablauf geklärt.
Startplatz
Der Startplatz am Monte Alpe Bondone ist südlich ausgerichtet und ziemlich steil. Zur gleichen Zeit wie unser Training fand noch ein weiteres Sicherheitstraining der Flugschule Aufwind statt. Wie im Foto zu erkennen ist, bietet der Startplatz genügend Raum zur Vorbereitung und auslegen der Schirme. Morgens war oft Vorwärtsstart wegen fehlenden Wind angesagt, später am Tag konnte dann oft rückwärts, wegen des aufkommenden Südwinds, gestartet werden.
Als Startleiter hatten wir glücklicherweise Eki Maute, der mit uns Trockenübungen durchführte, letzte Fragen beantwortete oder auch einige seiner Weisheiten zum Besten gab, Stichwort „Hang Loose“. Er brachte auf seine Weise Ruhe an den Startplatz, ich glaube fast jeder Proband war eh schon nervös genug.
Training
Der Startplatz liegt auf 1540 m Höhe. Zum Idrosee muss ein Stück weit vor geflogen werden. Die Übungen fanden ab einer Höhe von ca.1100 m statt, der Landplatz am Idroland liegt auf einer Höhe von 360 m. Übungen wurden bis zu einer Höhe von ca. 500 bis 600 m gemacht, sodass man eine Arbeitshöhe von ca. 500 bis 600 m für seine Übungen zur Verfügung hatte.
Beim Vorflug vom Startplatz zum See sollten wir uns bei Stefan, unter Angabe des Vornamens, des Gleitschirmmodells, der Schirmfarbe und der gewünschten Übungen, anmelden, sobald der Pilot vor uns mit seinen Übungen fertig war.
Im Folgenden eine kurze Erläuterung der Übungen mit Manöverkritik, die ich durch geführt habe. Die Details zu den einzelnen Übungen, wie Ziel und Hintergrund, Technik Einleitung, Technik Ausleitung und Tipps können im Workbook der Flugschule Achensee nachgelesen werden.
Steilspirale
Die Steilspirale, der Klassiker als Bestandteil der meisten Sicherheitstrainings. Ich hatte ihn zuvor schon in Kössen geübt, wollte aber mein Können unter geschulten Auge festigen. Da ich mit einem Tester geflogen bin, wollte ich aber die Steilspirale nicht extrem ausreizen und eine Wasserlandung riskieren, so waren meine Steilspiralen eher moderat. Das gilt auch für alle anderen Übungen.
Der halbe Schlag, der von der Flugschule Achensee empfohlen wird, bringt tatsächlich ein mehr an Kontrolle. Zuvor bin ich meine Übungen grundsätzlich mit Franzosen-Griff geflogen.
Nach Stefans Geschmack hätten die Steilspiralen ruhig krasser ausgeführt werden können, aber aus den vorgenannten Gründen wollte ich das nicht. Schwierigkeiten bereitete mir das sanfte Ausleiten, entweder hat das Ausleiten zu viele Umdrehungen gebraucht oder es endete im „French Exit“. Bei der 2. Steilspirale ist mir der Stöpsel aus dem Ohr gefallen und konnte somit den immer nervöser werdenden Stefan nicht hören, der meinte, ich solle doch die Steilspirale beenden ;-).
B-Stall
Um eine Alternative zum Ohrenanlegen und Steilspirale zu haben, habe ich den B-Stall geübt. Der IOTA DLS neigt nicht dazu, ein Hufeisen zu bilden.
Aus irgendeinem Grund meinte ich nach dem Ausleiten des B-Stalls den Schirm abfangen zu müssen, was natürlich ein Fehler ist, sondern der Schirm muss wieder anfahren können.
Strömungsabriss beidseitig
Der Stallpunkt wird vom IOTA DLS sehr deutlich durch schlagartig nachlassenden Steuerdruck angezeigt, beruhigend zu wissen. Auch das Ausleiten ging problemlos vonstatten, ich musste den Schirm nur kurz beherzt abfangen.
Strömungsabriss einseitig
Auch der Strömungsabriss einseitig war weitgehend problemlos einzuleiten und hat gut funktioniert.
Klapper einseitig beschleunigt, abgefangen mit Bremse
Bei dem einseitigen Klapper beschleunigt (ca. 50%) und gehalten habe ich zu stark die offene Seite gegengesteuert, mit der Konsequenz das der Schirm in Richtung der offene Seite eingedreht ist.
Klapper einseitig beschleunigt, abgefangen mit C-Ebene
Daher kam der Vorschlag von Stefan den Klapper mit der C-Ebene abzufangen, was wesentlich besser funktioniert hat. Ich konnte den Schirm im Geradeausflug halten, so wie es sein soll. Beim IOTA DLS öffneten sich die Klapper schnell und problemlos nach dem Freigeben.
Frontklapper unbeschleunigt
Der IOTA DLS hat sich nach einem Frontklapper vollständig und symmetrisch geöffnet.
Wingover
Die einzige Übung die noch überhaupt nicht funktioniert hat. Aber es ist ja bekannt das der Wingover viel Übung und Koordinierungsaufwand benötigt, so dass ich sicherlich noch viele Flüge benötige, bis der Wingover einigermaßen sitzt. Gut find ich das Video von Theo de Blic, der ein sehr gutes Lehrvideo zum stufenweise einstieg in das erlernen des Wingovers erstellt hat.
Hermann
Die für mich heftigste Übung, der Hermann. Benannt nach dem Opa von Eki. Meine Actioncam hat es gleich zu Anfang der Übung von der Magnethalterung gerissen.
Stefan war am letzten Tag verhindert und so war dann Eki unser neuer Trainer. Eki hat mich einige Umdrehungen drehen lassen, er hat wohl gespürt, das ich am liebsten sofort die Übung wieder beendet hätte. Aber letztendlich hat die Übung Spaß gemacht.
Videoanalyse
Nachmittags fand im Idroland eine ausführliche Videoanalyse statt. Es wurden von verschiedenen Probanten Videos vorgeführt, anhand Stefan uns erklärt hat, was nicht so gut gelaufen ist und was man hätte besser machen können. Weiterhin wurden unsere Fragen beantwortet und die Übungen, die man am nächsten Tag vorhatte zu machen, besprochen. Im großen und ganzen waren die Videoanalysen sehr lehrreich, aber es gab auch Kritikpunkte, siehe Abschnitt Fazit
Groundhandling und Abendflug
Direkt neben dem Idroland konnte der abendliche Südwind für ausgiebiges Groundhandling genutzt werden.
Andere entschlossen sich noch einen schönen Abendflug zu genießen, ein Shuttle hat die Flugschule zur Verfügung gestellt. Der Flug konnte durchaus wegen der Umkehrthermik länger andauern.
Fazit
Die meisten andere Teilnehmer standen noch relativ am Anfang ihrer Karriere, hatten aber doch wenig Hemmungen, sehr zu meinem Erstaunen, auch fortgeschrittene Übungen durchzuführen. Das lag wohl daran, das Stefan und Eki, uns immer wieder ermutigt haben an unsere Grenzen zu gehen. „Wann, wenn nicht in einem Sicherheitstraining kann man schon auch an seine Grenzen gehen?“ war eine Aus- und Ansage. Weiterhin wurden wir ermutigt am Ball zu bleiben, und die Übungen, entweder in eigener Veranwortung oder dann im nächsten Sicherheitstraining, fortzuführen.
Nicht ganz so positiv aus meiner Sicht war die Videoanalyse, da hätte ich mir mehr Diskussionskultur gewünscht, auf die ein oder andere Frage wurde nicht so in die Tiefe gegangen, wie ich mir das gewünscht hätte. Zudem wurde auf eine Wasserlandung, die gleich am ersten Tag passiert, sehr detailiert eingegangen. Da ist der ein oder andere interssante Flug unter gegangen.
Alles im allem waren aber die Tage aber sehr lehrreich und motivierend weiter am Ball zu bleiben, auch für mich als Sicherheitstraining-Muffel.